Karin von Schumann im Gespräch mit Ursula Mathar

Frau Ursula Mathar- Konzernplanung und Produktstrategie, Nachhaltigkeit und Umweltschutz- BMW Group
Frau Ursula Mathar- Konzernplanung und Produktstrategie, Nachhaltigkeit und Umweltschutz- BMW Group

Interview mit Frau Ursula Mathar

Konzernplanung und Produktstrategie

Nachhaltigkeit und Umweltschutz

BMW Group

 

 

 

KS. Was bedeutet Coaching als Führungskraft für Sie, was verbinden Sie damit?

 

UM: Ich verbinde damit, die Mitarbeiter in ihrer Selbstständigkeit zu unterstützen und sie auf neue Fragestellungen und Ideen zu bringen. Und ich verbinde damit, unterschiedliche Mitarbeiter unterschiedlich zu führen. Wenn Sie Mitarbeiter mit ganz unterschiedlichem Alter, Erfahrungshintergrund, Karrierezielen – also ein diverses Team- haben, dann können Sie diesem eigentlich nur  mit coachingorientierter Führung gerecht werden.

 

KS: Bevor ich auf den sehr interessanten Aspekt der Unterschiedlichkeit eingehe eine kurze Nachfrage: Wie machen Sie es genau, die Mitarbeiter auf neue Ideen bringen?

 

UM: Das ist in der Tat nicht so einfach, die Perzeption einer Aufgabenstellung mag ja durchaus unterschiedlich sein bei mir und dem Mitarbeiter. Ich muss mich also selber zurückhalten mit eigenen Vorstellungen oder Lösungswegen, nicht belehrend werden oder wirken, sondern Fragen stellen und Anregungen geben. Und dem Mitarbeiter die Chance lassen, mit diesen Anregungen weiterzuarbeiten.

 

KS: Nun zum Aspekt ihres diversen Teams und der individuellen Förderung und Berücksichtigung einzelner Mitarbeiter. Hätten Sie hierzu vielleicht ein konkretes Beispiel für mich?

 

UM: Ich habe gerade einen sehr erfahrenen Mitarbeiter vor Augen. Er kennt sich in seinem Gebiet sehr gut aus, ist engagiert unterwegs, auch in seiner fortgeschrittenen Lebensphase und sehr eigenständig. Ich habe noch weiteres Potential bei ihm gesehen und führe ihn coachingorientiert. Wenn er beispielsweise etwas erarbeitet, was ich letztlich vertreten oder präsentieren muss, dann setze ich solche Coachinggespräche an. Ich stelle Fragen: „Wie können wir das noch darstellen?“  „Wie ist der Diskussionstand in der Abteilung X?“. Das hat inzwischen einen hohen Reifegrad. Und ich habe gerade letzte Woche die Rückmeldung von einem Partner auf meiner Hierarchieebene erhalten, der mir – von sich aus - sagte, dass das ein ganz toller Mitarbeiter sei, der wohl schwierig zu ersetzen wäre, wenn er in Pension geht.

 

KS: Ich finde es sehr schön, dass Sie einen erfahrenen Mitarbeiter gewählt haben, bei dem Weiterentwicklung nicht mehr bedeutet, den nächsten Karriereschritt zu begleiten, sondern ihm in seiner jetzigen Aufgabe neue Impulse zu geben, damit er seine Erfahrung voll zu Entfaltung zu bringen kann.

 

UM: Und die letzten Jahre, die er beruflich noch in der Position sein wird, selbst als sinnvoll und befriedigend empfindet! Er hat dadurch im Team auch eine andere Position erreicht.

 

KS: Genau, dass er noch mehr Wertschätzung erhält, in der Außenwahrnehmung wie auch im eigenen Team – perfekt!

 

Wichtige Voraussetzung, dass ein solches Coaching durch die Führungskraft gelingen kann, ist, dass Sie als Führungskraft authentisch und glaubwürdig sind um die Basis für eine vertrauensvolle Coachingbeziehung überhaupt erst zu schaffen. Das ist immer wieder ein spannender Aspekt, finde ich, hier den richtigen Spagat zwischen Offenheit und Nähe einerseits und der rollenbedingten Distanz andererseits zu finden. Wie handhaben Sie das und wie gelingt es Ihnen, Vertrauen aufzubauen?

 

UM: Ich bin überzeugt, dass wir Vertrauen brauchen, nicht nur für den coachingorientierten Führungsstil, sondern insgesamt in der Organisation. Wir arbeiten mit einer immer höheren  Komplexität und Geschwindigkeit. Ich könnte die einzelnen Schritte - z. B in einem Projekt - gar nicht mehr kontrollieren, selbst wenn ich es wollte. Zumal wir hier in einer strategischen Funktion sind, mit der dafür typischen Vernetzung mit den verschiedensten Fachbereichen. Doch nun zum Thema Nähe vs. Distanz:  Ich gehe mit, nennen wir es mal  persönlichen Umständen – damit meine ich nicht ganz private Dinge – ganz bewusst sehr offen um. Wenn ich etwa mittwochs um Viertel vor sechs aus dem Büro gehe, sage ich „Heute ist wieder mein Sportabend.“ Ich teile also einen persönlichen Umstand und setze damit gleichzeitig das Signal: „Es ist vollkommen in Ordnung, ja sogar wichtig, auch andere Lebensbereiche als nur den beruflichen zu pflegen.“ Das Thema Gesundheit in der Work-Life-Balance ist mir an der Stelle ganz wichtig, schließlich sind wir für Nachhaltigkeit zuständig und müssen auch unsere eigene Leistungsfähigkeit längerfristig sicherstellen. Ich möchte damit erreichen, dass auch Mitarbeiter bei einem Termin, der nicht so lange geplant war, mal auf die Uhr sehen und sich das Recht herausnehmen zu sagen: „Ich muss jetzt gehen, ich habe ein private Verpflichtung, die mir wichtig ist.“

 

KS: Als Führungskraft haben Sie da natürlich eine wichtige Vorbildfunktion.

 

UM: Genau, gleiches gilt für meinen Kalender. Im Detail ist dieser nur für meine Assistenz und deren Vertretung einsehbar. Aber ich sage auch ganz offen, wenn ich einen Home Office Tag habe. Um eben auch hier wieder ein Signal zu setzen. Home Office ist eine gute Möglichkeit zu arbeiten, bei manchen Aufgaben sogar das bessere Umfeld. Und jeder im Team kann das nutzen. Offenheit in diesen Dingen finde ich richtig und wichtig.

 

KS Ich würde gerne nochmals auf das Beispiel mit dem erfahrenen Mitarbeiter, den sie coachen, zurückkommen, denn da gibt es noch einen Punkt, der mich interessiert. Was war Ihrer Meinung nach der Knackpunkt im Coaching?

 

UM: Es waren zwei Dinge in Kombination: Ein durchaus kritisches Feedback zu einem Punkt, das er  für sich reflektiert hat. Gleichzeitig habe ich ihm die lange Leine gelassen, was er sehr schätzt und mir auch bestätigt hat.

 

KS Was ist Ihrer Erfahrung nach die Voraussetzung dafür, dass Coachingprozesse mit den Mitarbeitern so gut gelingen?

 

UM: Ich glaube es braucht immer ein sich drauf einlassen-  und es braucht Zeit!

 

KS: Genau der Zeitfaktor, Coaching ist natürlich zunächst immer eine Investition …

 

UM: … und man macht es vielleicht automatisch mehr mit jüngeren Mitarbeitern, weil es da noch viel zu gestalten gibt. Wobei ich mich bei wesentlichen jüngeren Mitarbeitern manchmal frage “Wie kriege ich die gemeinsame Basis hin?“. Andererseits mache ich da gerade mit einer jungen Frau  sehr positive Erfahrungen. Sie sagt mir, wie froh sie sei, dass sie sehr offen Fragen zur Rolle von Frauen in unserer Kultur und der ‚berühmten‘ Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellen kann. Auch Frauen suchen Vorbilder, an denen sie sich orientieren können, und haben ganz konkrete Fragen, zur Karriereplanung etwa.

 

KS: Und da sind Sie natürlich ein tolles Vorbild für junge Frauen! Liebe Frau Mathar, herzlichen Dank für das Gespräch.

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