Vertrauen - die Basis einer coachingorientierten Beziehung

Wenn Sie sich gedanklich damit beschäftigen, als Führungskraft eine Coaching-Beziehung mit Ihrem Mitarbeiter einzugehen, taucht früher oder später das Wort „Vertrauen“ auf. Vertrauen stellt in jeder Beziehung eine grundlegende Komponente dar. Egal ob Ehepartner, Freunde oder Arbeitsbeziehungen sensible und persönliche Informationen werden nur dann ausgetauscht, wenn Vertrauen vorherrscht. Gerade das Zugeben von Schwächen oder Fehlern, die im Coachinggespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter weiterentwickelt werden sollen, muss auf einer vertrauensvollen Beziehung basieren. Der Mitarbeiter vertraut darauf, dass Sie als Führungskraft mögliche Schwächen oder Ambitionen nicht zu dessen Nachteil auslegen.

 

Interessenskonflikt vorprogrammiert

 

Während ein Coach in aller erster Linie dem Menschen selbst verpflichtet ist, steht für die Führungskraft nach wie vor das Unternehmensinteresse an erster Stelle. Es gilt Ziele zu erfüllen, eine geeignete Strategie zu verfolgen und Leistung zu erbringen. Wie würden Sie reagieren, wenn Ihnen Ihr Mitarbeiter offenbart, dass er sich von den Aufgaben, die Sie ihm ja immerhin gegeben haben, überfordert fühlt? Wie würden Sie reagieren, wenn er Ihnen berufliche Ambitionen mitteilt, die sich von seiner aktuellen Position oder sogar der Firma entfernen?

 

An dieser Stelle bedarf es einer gehörigen Portion Integrität – gegenüber der Person, die sich Ihnen anvertraut. Wenn Sie der Meinung sind, nicht mit diesem Konflikt umgehen zu können, überdenken Sie den Anspruch, den Sie an das Coaching Ihrer Mitarbeiter haben. Einige Themen sind besser geeignet und weniger konfliktträchtig – für Sie und Ihren Mitarbeiter – als andere. Wenn Sie sich der Herausforderung stellen, überlegen Sie sich vorher ganz konkret:

 

  • Wie würde ich mich in einer derartigen Situation verhalten?
  • Was kann ich meinem Mitarbeiter versprechen?
  • Zu wem halte ich im Ernstfall?
  • Welche Regeln erlege ich mir auf in meiner Eigenschaft als coachende Führungskraft?

 

Nach dieser Reflexion sollten Sie diese Überlegungen Ihrem Mitarbeiter transparent machen – so bauen Sie Vertrauen auf. Vereinbaren Sie gemeinsam Regeln und klären Sie explizit Ziele und Erwartungen Ihrer Coachingbeziehung. Wenn einer der Beteiligten nicht bereit ist, über bestimmte Themen zu sprechen, sollte das respektiert werden. Eine klare Vereinbarung von Regeln, der Vertraulichkeit und dem Umgang mit den Ergebnissen der Gespräche, sorgt bei Ihrem Mitarbeiter für Vertrauen. Im besten Fall können Sie so bessere Ergebnisse in Ihren Coachingsitzungen erzielen.

 

 

Die wichtigsten Verhaltensweisen für eine vertrauensvolle Coachingbeziehung

 

Vertrauen ist sowohl in der „allgemeinen“ Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter als auch in der Coachingbeziehung essentiell. Ein Mitarbeiter kann seiner Führungskraft durchaus Vertrauen, dass er/ sie eine gute Strategie entwickelt oder Aufgaben fair verteilt, aber wenig Vertrauen darin haben, dass Misserfolge nicht negativ ausgelegt werden oder, dass ein wirkliches Interesse für die Entwicklung des Mitarbeiters besteht. Überlegen Sie sich daher genau, in welchen Bereichen Sie für ein gelungenes Coaching Vertrauen aufbauen wollen.

 

Für den Vertrauensaufbau ist es  neben einer klaren und ehrlichen Kommunikation wichtig, sich als Führungskraft zurückzunehmen und seinen Mitarbeitern Vertrauen zu schenken. Dabei entscheidet die richtige Mischung aus Anleitung und Selbstständigkeit (vgl. Artikel zur transformationalen Führung). Dies fördert sowohl selbstverantwortliches Handeln als auch das Vertrauen in Sie als Führungskraft. Vertrauen Sie auch in schwierigen Situationen auf die Kompetenz Ihrer Mitarbeiter. Ehrlichkeit und Offenheit gegenüber den Meinungen der Mitarbeiter sollten Ihre Arbeit prägen.

 

Integrität ist das A&O, damit andere Vertrauen in Sie setzen. Worte und Taten sollten immer miteinander einhergehen. Das sagt sich leichter, als es tatsächlich in die Tat umgesetzt wird. Reflektieren Sie daher genau, welche Werte Sie vertreten möchten und welche Versprechungen Sie geben. Überlegen Sie sich dann ganz konkret, wie Sie diese Versprechen in die Tat umsetzen, welches Verhalten Sie damit verknüpfen möchten und welche Regeln sie befolgen möchten. Umso klarer Sie diese Punkte für sich definieren, desto eindeutiger werden Sie sich verhalten. Dazu gehört ebenso, im Coaching nur mit der Expertise zu „werben“, über die man tatsächlich verfügt. Was kann ich meinem Mitarbeiter als Führungskraft bieten in einem Coachinggespräch? In wie fern bin ich qualifiziert? Was kann ich anbieten?

 

 

Auch in einer Führungsbeziehung ist Freundschaftlichkeit wichtig

 

In der alltäglichen Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ist es wichtig, eine grundlegende, freundlich-gesonnene Beziehung aufzubauen. Dies erreichen Sie, indem Sie mit Ihrem Mitarbeiter neben arbeitsbezogenen Themen auch über ganz Alltägliches kommunizieren. Dadurch zeigen Sie Freundlichkeit und Wohlwollen gegenüber den Interessen der anderen Person. Sie schenken Ihrem Mitarbeiter Aufmerksamkeit und geben ihm das Gefühl, wahrgenommen zu werden. Sorgen Sie für gemeinsame Erlebnisse auch außerhalb der Arbeit. Achten Sie auch in brenzligen Situationen darauf, nicht vor einem Mitarbeiter über andere Mitarbeiter negativ zu sprechen.

 

Auch in der Coachingbeziehung ist es wichtig, die andere Person wahrzunehmen. Dabei muss jedoch entschieden werden zwischen reinen Floskeln und einem wirklichen Interesse an dem Anderen. Teilen Sie auch private Themen, denn dies signalisiert Vertrauen in Ihren Mitarbeiter. Gerade bei sensiblen Themen werden Ihre Mitarbeiter schnell merken, ob Sie sich wirklich für das Gesagte interessieren. Hierbei steht, wie so häufig, die Kompetenz des aktiven Zuhörens, die Sie in diesem Artikel nachlesen können, im Mittelpunkt. Die Führungskraft sollte dabei Ihre eigene Meinung zurücknehmen. Wertschätzung für eine andere Person kann man dann ausdrücken, wenn man ihr Fragen stellt und die eigene Meinung zunächst zurückstellt. Bewerten Sie die Ansichten Ihres Coachees nicht. Der Coachee kann stark von Ihrer Erfahrung profitieren. Denken Sie dennoch daran, zunächst genau zuzuhören, um im nächsten Schritt, die passenden Erfahrungen mit dem Mitarbeiter zu teilen. Häufig überlegen wir uns bereits unseren Kommentar, ohne verstanden zu haben, worauf das Gegenüber hinaus möchte. Warten Sie also ab und wählen Sie die passende Erfahrung aus Ihrem reichen Erfahrungsschatz. Lesen Sie mehr im Artikel über Aktives Zuhören.

 

 

Eigene Fehler eingestehen

 

Berichten Sie dabei aber nicht nur von Ihren Erfolgen. Niemand ist ohne Fehler – wenn Sie Ihre eigenen Fehler mit Ihrem Mitarbeiter teilen, profitieren Sie am Ende beide. Ihr Mitarbeiter wird Ihnen mehr Vertrauen. Denn Fehler sind menschlich und machen aus Ihnen ein Wesen mit Ecken, Kanten und Emotionen, das Verständnis aufbringt für das Fehlverhalten anderer. Gleichzeitig verbessert sich die Beziehung zu Ihrem Mitarbeiter. Kommunizieren Sie Fehler als Chance zu Verbesserung und Veränderung. Wenn Leistung auch als Entwicklung verstanden wird, fällt es dem Mitarbeiter leichter, sich zu öffnen und Schwächen einzugestehen (lesen Sie dazu nach im Interview mit Johanna Faust).

 

 

Vertrauen – eine wechselseitige Beziehung

 

Beachten Sie jedoch zum Schluss auch: Eine Beziehung besteht immer aus zwei Personen. Wenn Sie einen Vertrauensvorschuss leisten, bedeutet dies nicht automatisch, dass dieses Vertrauen erwiedert wird. Indem Sie sich angreifbar machen, von persönlichen Erfahrungen erzählen, schenken Sie auch Vertrauen. Überlegen Sie sich genau, wie viel Sie bereit sind, zu teilen. Bevor Sie eine enge Coachingbeziehung eingehen, sollten Sie sich sicher sein, mit einem Vertrauensbruch von Seiten Ihres Mitarbeiters bzw. Coachees auch umgehen zu können.

 

Gleiches gilt für Ihren Mitarbeiter: Setzen Sie die Bereitschaft zum Coaching nicht voraus. Respektieren Sie, wenn ein Mitarbeiter lieber mit einem externen Coach zusammenarbeiten möchte. Dies muss nicht unbedingt mit der Beziehung zwischen Mitarbeiter und Führungskraft zusammenhängen, sondern kann stark durch persönliche Vorerfahrungen und die jeweiligen Persönlichkeiten geprägt werden.

 

 

Lohnt sich Vertrauen?

 

Machen Sie sich aber auch bewusst, wie viel Ihr Mitarbeiter von Ihren Fehlern und Erfahrungen profitieren kann und wie viel Sie selbst in der Reflexion mit und an Ihrem Mitarbeiter lernen können – unter diesem Aspekt lohnt sich der Vorschuss an Vertrauen in jedem Fall!

 

Wie bauen Sie eine wechselseitige vertrauensvolle Beziehung zu Ihren Mitarbeitern auf?

 

 

 

 

 

Die Autorin: Tamaris Böttcher
Die Autorin: Tamaris Böttcher