Führungsforschung – Welcher Führungsstil ist denn überhaupt nicht „coachingorientierte Führung“? Teil 2

Aufbauend auf dem Modell des Full Range of Leadership von Bass und Avolio, möchte ich Ihnen einige Informationen zu den verschiedenen Führungsstilen an die Hand geben, damit Sie sowohl ihre eigene Führung als auch die ihrer Führungskraft besser einordnen können.

Laissez-Faire – die destruktive Nicht-Führung

Wer kennt sie nicht? Die Führungskräfte, die sagen: „Das wird schon von alleine.“ „Da müssen wir jetzt erst einmal abwarten“. Diese Führungskräfte lassen den Mitarbeitern meist freie Hand, doch was zunächst als Freiheit und Auslebung der eigenen Individualität begrüßt wird, führt auf Seite des Mitarbeiters schnell zu Unsicherheiten und wird als Gleichgültigkeit gegenüber der eigenen Person seitens der Führungskraft wahrgenommen.

 

Laissez Faire beschreibt den negativen Pol der Bandbreite, also die „Nicht-Führung“. Dabei verhält sich die Führungskraft weitgehend passiv und verzichtet auf Interventionen. Dieses Verhalten verursacht häufig Probleme, da beispielsweise notwendige Entscheidungen verzögert und Aufgaben nicht oder nur unzureichend erledigt werden. Die Führungskraft fordert die Leistung ihrer Mitarbeiter nicht ein, gibt aber auch keinerlei Rückmeldung auf Leistungen, die erbracht wurden. Neben der Demotivation durch einen Mangel an Anerkennung und Feedback, kann das natürlich nur zu Ratlosigkeit und Unsicherheit führen. Wie soll ich meine Führungskraft denn einschätzen, wenn Sie mich komplett in Ruhe lässt? Wenn eine Führungskraft lediglich unverbindliche Ziele kommuniziert und diese nicht durchsetzen kann, sinkt die Leistung des Einzelnen - aber auch des gesamten Teams.

 

Wie kann Nicht-Führung konkret aussehen?

Kein Wunder also, dass norwegische Forscher um Anders Skogstad ihren Artikel über diese Art zu Führen mit „The Destructiveness of Laissez-Faire Leadership Behavior“ überschreiben. Dabei gehen Sie soweit, Laissez Faire nicht nur als „nicht-Führung“ oder „Null-Führung“ zu bezeichnen, sondern sogar als zerstörerische Führung. In ihrer Studie konnten Sie herausfinden, dass Mobbing auf der Arbeit häufiger stattfindet, Stressoren im Bezug auf den Arbeitsplatz vermehrt auftreten und als negativ wahrgenommen werden und erhöhter psychologischer Stress wahrgenommen wird. In der Befragung von 2273 norwegischen Arbeitnehmern konnte tatsächlich belegt werden, dass Rollenkonflikte, Rollenambiguität sowie Konflikte mit Arbeitskollegen durch laissez-faire Führung gehäuft auftreten. Als Folge davon: Gehäuftes Mobbing unter Kollegen, höhere Fluktuation der Mitarbeiter und innere Kündigung bei denen, die noch dageblieben sind.

 

Coaching passt nicht zu Laissez-Faire!

Kritiker mögen sagen, dass Mitarbeiter doch Erwachsene Menschen sind, warum brauchen Sie überhaupt jemanden, der sie führt? Können sie das nicht auch alleine regeln? Ist ja lächerlich, dass sich die Kollegen gleich mobben, nur weil keine auf sie aufpasst – das ist ja wie im Kindergarten.

 

Trotzdem sprechen die Studien eine eindeutige Sprache: Auch eine erwachsene Gruppe von Menschen braucht eine aktive Führungskraft, die sie anleitet, ihr den Weg weist, ihr Feedback gibt und jeden einzelnen als Individuum wahrnimmt und entsprechend fordert und fördert.

 

Die Antwort auf die Frage, inwiefern eine Coachingorientierte Führung mit dem Laissez Faire Führungsstil zusammenhängen könnte, fällt leicht: Sie haben absolut nichts miteinander zu tun. Trotzdem ist das einfach mal „tun lassen“ ein Führungsverhalten, das häufig vorkommt und daher an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben sollte.

 

Transaktionale Führung – Die Basis der Zusammenarbeit

Die transaktionale Führung beschreibt in vielerlei Hinsicht eine althergebrachte Variante der Führung: Gibst du mir Leistung, geb ich dir Belohnung – das Ganze gepaart mit klaren Anweisungen beschreibt die Transaktionale Führung. Bei der transaktionalen Führung handelt es sich um einen sozialen und materiellen Austauschprozess zwischen Führungskraft und Mitarbeiter, bei welchem sich beide gegenseitig beeinflussen. Bei diesem Tauschgeschäft konzentriert sich die Führungskraft auf einen reibungslosen Ablauf des Arbeitsprozesses und auf die Einhaltung von Qualitätsstandards. Der Mitarbeiter selbst erfüllt seine Aufgaben. Konkrete Anreize sollen hier zur Aufgabenerfüllung anregen. Der Mitarbeiter wird somit hauptsächlich extrinsisch motiviert.

 

Dieses Verhältnis ist häufig sehr nüchtern und die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter dabei eher emotionslos. Sie kann aber nichtsdestotrotz sehr zufriedenstellend und effektiv sein – allerdings mit etwas geringeren positiven Effekten auf die Motivation und Leistung des Mitarbeiters als bei der transformationalen Führung (vgl. Dörr 2006). Die transaktionale Führung reicht von der effektiven leistungsorientierten Belohnung mit transparenten Zielen (Contingent Reward) bis zum aktiven Eingreifen bei Fehlern und Besonderheiten (Active Management by Exception).

 

Warum transaktionale Führung durchaus eine Daseinsberechtigung hat

Obgleich transaktionale Führung auf den ersten Blick wenig gemein hat mit einem coachenden Führungsstil, hat diese Art der Führung durchaus ihre Daseinsberechtigung. Die Kür liegt in jedem Falle in der transformationalen Führung. Dennoch hat man festgestellt, dass die transaktionale Führung die positiven Effekte der transformationalen Führung ergänzen kann und somit eine wichtige Basis darstellt. Je nach Situation kann es Sinn machen, extrinsisch zu motivieren und eine klare Austauschbeziehung herzustellen. Nicht jeder Mitarbeiter möchte im gleichen Maß „transformiert“ werden und einige legen Wert auf eine sachliche und eher emotionslose Beziehung zur eigenen Führungskraft.

 

 

Nach Deci (1971) wissen Menschen häufig nicht, warum sie eigentlich eine Aktivität ausführen. Daher werden die Gründe dafür aus den Umständen abgeleitet. Bekomme ich ein Gehalt dafür? Ok, das ist ein Anreiz. Wird mir Anerkennung zuteil? Nicht so oft, wie ich es gern hätte, vielleicht sollte ich mich weniger reinhängen… Immer wenn diese Anreize klar, eindeutig und ausreichend sind, sind wir von außen motiviert.

 

In diesem Fall sollte man sich auch keine Sorgen machen, dass es den Mitarbeitern am Ende nur noch ums Geld geht. Der materielle Austausch in einem Arbeitsverhältnis wird in unserer Gesellschaft als Grundlage nicht hinterfragt. Das heißt aber nicht, dass man nicht trotzdem Spaß an seiner Arbeit hat und sich dort Selbstverwirklichen möchte.

 

Transformationale Führung – die Kür

In der nächsten Woche erfahren Sie, wie die Kür, die transformationale Führung aussehen kann und wie genau Coaching als Führungsstil hier wirkt.

 

Die Autorin: M.Sc. Tamaris Böttcher
Die Autorin: M.Sc. Tamaris Böttcher

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