Karin von Schumann im Interview mit Anja Kuchelmeister

Anja Kuchelmeister

 

Head of Purchasing Steering, Global Supply Chain

 

BSH Hausgeräte GmbH

 

 

KS: Was halten Sie als Führungskraft davon, coachingorientiert zu führen?

 

AK: Grundsätzlich viel, allerdings ist dieser Führungsstil sicherlich nicht für jeden Mitarbeiter geeignet. Meine Abteilung ist in den letzten beiden Jahren stark gewachsen. Ich habe dabei gelernt, dass Mitarbeiter sehr unterschiedliche Führungsbedarfe haben und manche durchaus mehr Anleitung und Vorgaben brauchen als andere. Von meinen fünf Teamleitern allerdings erwarte ich, dass sie offen für Coaching durch mich sind. Und die Motivation haben, das im Coaching Besprochene umzusetzen und auch ihre Mitarbeiter, wo angemessen und möglich, coachingorientiert zu führen.

 

KS: Wie praktizieren Sie konkret einen coachingorientierten Führungsstil?

 

AK: Ich habe sehr intensiv angefangen meine Teamleiter zu coachen, als klar war, dass ich für ein halbes Jahr in Elternzeit gehen würde und meine Stelle solange vakant bleibt. Mir war sofort klar: Je selbständiger alle werden, desto besser läuft alles während meiner Abwesenheit weiter. Konkret sieht das so aus, dass ich in meinen Jour Fixes regelmäßig und aktiv Feedback gebe, zum eigenen Verhalten und Auftreten und auch zum gesamten Team. Damit schaffe ich ein Bewusstsein: „So wirkst du, das beobachte ich und diese oder jene Konsequenz sehe ich für dich und dein Team“. Das wird enorm gut angenommen, auch, weil der Ansatz trotz konkreten Aussagen einen großen Freiheitsgrad bei Gestaltung und Umsetzung läßt und so jedem seine individuellen Wachstumsmöglichkeiten bietet. Einer meiner Teamleiter hat sich kürzlich sogar ausdrücklich für das Coaching bedankt und auch die anderen kommen immer häufiger aktiv auf mich zu und holen sich Coaching ein. Das ist für mich der Idealfall, denn so wird unsere Beziehung partnerschaftlich.

 

KS: Was mussten Sie selbst in erster Linie lernen bzw. entwickeln um als Coach ihrer Mitarbeiter fungieren zu können?

 

AK: Ich habe selbst Coaching von einem externen Coach erhalten und dadurch für mich selbst viel gelernt, aber auch Methodenwissen erhalten. Fragen stellen, Zuhören, Feedback geben – das ist mir sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen. Und mir ist in meinem eigenen Coaching klar geworden, dass eine positive persönliche Beziehung absolute Voraussetzung ist. Vertrauen ist auf jeden Fall notwendig, sonst kann Coaching nicht angenommen werden – egal, ob der Coach ein Profi oder die eigene Führungskraft ist.

 

KS: Gibt es auch Situationen oder Umstände, die ihrer Erfahrung nach gegen einen coachingorientierten Führungsstil sprechen?

 

AK: In Veränderungssituationen muss zunächst Klarheit über die Aufgaben, Ziele und Rollenerwartungen geschaffen werden, sonst macht meiner Erfahrung nach Coaching nicht viel Sinn. Mitarbeiter müssen die strategische Ausrichtung und Vision verstehen, brauchen strukturelle Klarheit und eine gewisse Rollensicherheit, bevor sie sich auf Coaching einlassen können. Sobald dies gegeben ist, ist gerade im Change Coaching besonders wichtig und wertvoll!  

Die Autorin: Dr. Karin von Schumann
Die Autorin: Dr. Karin von Schumann

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